Hier soll das eigene Kind Erwähnung finden.
Am Anfang meiner Erkrankung dachte ich, dass ich mein Baby nicht lieben kann. Zwar habe ich seine Versorgung nie vernachlässigt – was bei einer PPD vorkommen kann (es kommt auf die Schwere der Erkrankung an) – aber ich dachte dennoch immer, dass ich meinem Kind etwas schuldig blieb.
Das eingemauerte Herz
Damals war es so, dass ich nicht fühlen konnte. Wenn andere Frauen verliebt ihre Babies ansahen, hatte ich oft den Gedanken, dass es aufgesetzt wäre. Ich suchte nach Zeichen für Unzulänglichkeit. Wenn ich mitbekam, dass Mütter mit ihren Säuglingen ungeduldig wurden, fühlte ich Erleichterung. Ich wollte nicht die einzige sein, die ihr Kind als das größte Geschenk ihres Lebens anzweifelte.
Wenn Sie gesagt bekommen, dass Sie ihr Kind eines Tages sehr lieben werden, hilft Ihnen das möglicherweise nicht. Vielleicht empfinden Sie das sogar als störend oder unwahr. Der Glaube daran, dass sich die Gefühle einmal ändern werden, ist jedoch wichtig.
Alle Menschen, die schwierige Situationen zu meistern haben, brauchen einen zeitlichen Ausweg. Der wird kommen. Nehmen Sie Liebe an und halten Sie die Hoffnung groß. Dies ist eine der schwierigsten Aufgaben.
Vielleicht müssen Sie sich zwingen, überhaupt Interesse an solchen Aussagen und an Liebe zu entwickeln.
In den Extremen zwischen totaler Gleichgültigkeit und immenser Verzweiflung gehen solche scheinbar banalen und klischeebehafteten Aussagen manchmal völlig nutzlos an einem vorbei.
Wenn Ihre Freunde oder Ihr Partner Ihnen sagen, Sie sollen die Dinge nicht so schwer nehmen, Sie sollen sich locker machen oder einfach mal richtig ausschlafen, dann mag sich das manchmal wie Hohn anhören. Die Menschen tun das in der Regel, weil sie sich hilflos fühlen. Eine PPD zu begleiten, ist für die Angehörigen oft nicht leicht. Aber Mitleid haben, das kann man als Betroffene kaum, es reicht gerade so für einen selbst.
Das befreite Herz
Im Überwinden der Krankheit kehrt das Gefühl irgendwann wieder zurück. Ich habe festgestellt, dass ich mit zunehmender Gesundheit mein Kind zunehmend liebte. Die Liebe ist nun ein fester Bestandtteil der Beziehung zu meinem Kind. Nicht nur, weil ich es sagen kann, sondern, weil ich es fühlen kann. Diese Liebe hat etwas so stark unumstößliches, dass ich mir nicht vorstellen kann, je wieder einen Zweifel daran zu haben.
In der Liebe zu meinem eigenen Kind entdecke ich die Liebe zum Rest der Welt. Das hat nichts Heroisches oder Großartiges. Das Muttersein hat mich schlicht zu einem anderen Menschen gemacht. Eine vernünftige Form von Demut zu den wirklich wichtigen Dingen des Lebens spielte mir die Mutterrolle zu. Dafür bin ich dankbar.
Mein Geschenk an das Leben ist mein Kind.